Corporate News zu COVID-19 – Was bei der Verwaltung von liechtensteinischen Verbandspersonen jetzt zu beachten ist
Die COVID-19 Pandemie und deren Auswirkungen hat seit kurzem auch Liechtenstein eingeholt. Gerade für die Verwaltung liechtensteinischer Verbandspersonen ist in diesem Zusammenhang besondere Vorsicht und vertieftes Fachwissen angebracht.
Wir haben Ihnen das Wesentliche nachstehend kompakt dargestellt und stehen für weiterführende Fragen jederzeit zur Verfügung.
1. Massnahmen der liechtensteinischen Regierung zur Unterstützung der Wirtschaft
Die liechtensteinische Regierung hat zur Unterstützung der liechtensteinischen Wirtschaft am 20.03.2020 ein Massnahmenpaket verabschiedet. Insgesamt werden zur Unterstützung der liechtensteinischen Wirtschaft mehr als CHF 100'000'000.00 zur Verfügung gestellt. Weitere CHF 20'000'000.00 werden von den Gemeinden beigesteuert. Für KMUs stehen darüber hinaus Ausfallsgarantien der Liechtensteinischen Landesbank in Höhe von CHF 25'000'000.00 bereit, um deren Liquidität zu erhalten.
Die Regierung hat ausserdem die Anforderung an Anträge auf Kurzarbeit erleichtert. Es reicht nunmehr aus, wenn der Arbeitgeber gegenüber dem Amt für Volkswirtschaft glaubhaft darlegen kann, dass der Arbeitsausfall auf das Coronavirus zurückzuführen ist. Eine detaillierte Begründung ist nicht mehr notwendig. Kurzarbeit kann beantragt werden, wenn die Nachfrage von Gütern und Dienstleistungen rückläufig ist, der Betrieb oder das Büro auf behördliche Anordnung hin geschlossen wurde oder andere vom Arbeitgeber nicht zu vertretende Umstände im Zusammenhang mit COVID-19 eingetreten sind.
Liquidität ist in Krisenzeiten wichtiger denn je, weshalb beide Möglichkeiten frühzeitig geprüft und im Bedarfsfall beantragt werden sollten.
2. Business Judgment Rule und Verwaltung von Verbandspersonen
Gerade jetzt birgt die Tätigkeit als Verwaltungs- oder Stiftungsrat ein erhöhtes Risiko; die Kapitalerhaltung und das Liquiditätsmanagement treten in den Vordergrund.
Im Lichte dessen ist die Beachtung der Business Judgment Rule bei jeder Entscheidung eines leitenden Organs umso wichtiger. Ermessensentscheidungen der Verantwortungsträger sind nur dann haftungsfrei, wenn sie auf Grundlage angemessener und objektiver Informationen unter Abwägung aller Interessen getroffen wurden und man auf dieser Grundlage davon ausgehen konnte, zum Wohle der Verbandsperson zu handeln.
Entscheidungsträger innerhalb Liechtensteinischer Verbandspersonen müssen sich jedenfalls regelmässig über die neuesten Entwicklungen zur Krise orientieren und entsprechende Informationen aus vertrauenswürdigen und gesicherten Quellen sammeln. In grösseren Unternehmen ist es unter Umständen ratsam, einen entsprechenden Coronavirus-Ausschuss einzurichten und mögliche Szenarien bereits jetzt vorauszuplanen, um bei deren Eintritt entsprechend reagieren zu können.
Insbesondere im Zusammenhang mit Stiftungen, sowie anderen Instrumenten der Vermögens- und Nachlassplanung, wie zum Beispiel dem liechtensteinischen Trust, wird es sinnvoll sein, die Vermögensverwaltung zu überdenken oder zumindest zu kontrollieren. Gegebenenfalls sind hier die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen, um möglichst unbeschadet aus der Krise zu kommen.
3. Arbeitsrechtliche Konsequenzen der Pandemie für Arbeitnehmer
Aus arbeitsrechtlicher Sicht besteht eine Lohnfortzahlungspflicht für Erkrankte. Das gilt auch für Kontaktpersonen, die sich auf behördliche Anordnung in Quarantäne begeben müssen, wobei diese in zumutbarem Umfang zu Home-Office verpflichtet werden können.
Solange aber keine behördliche Anordnung (z.B. Schliessung des Betriebs oder Quarantäne für einzelne Personen) vorliegt, ist ein Fernbleiben des Arbeitsplatzes eine sogenannte unentschuldigte Abwesenheit und kann zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Gleichzeitig kann der Arbeitgeber Urlaub anordnen, wobei aber der Arbeitnehmer anzuhören ist und auf seine Wünsche möglichst einzugehen ist. Der Arbeitgeber kann aber ohne vertragliche Vereinbarung nicht einseitig anordnen, dass Überstunden konsumiert werden müssen.
4. Auswirkungen auf Geschäftsraummietverträge?
Neben den Lohnkosten dürfte üblicherweise die Geschäftsraummiete einen wesentlichen Teil des laufenden Finanzierungsbedarfs liechtensteinischer Unternehmen darstellen. Ob der Mieter eines Geschäftslokals oder Büros einseitig die Reduktion der Miete verlangen kann, ist umstritten. Es steht jedenfalls fest, dass bei behördlicher Schliessung das Mietobjekt nicht mehr zum vorausgesetzten Gebrauch tauglich ist. Die Gerichte haben sich aber noch nicht dazu geäussert, ob dieses Risiko vom Mieter oder dem Vermieter zu tragen ist.
Jedenfalls zulässig (und ratsam!) ist eine einvernehmliche Lösung. Vermieter und Mieter können vereinbaren, dass die Miete oder ein Teil der Miete zu einem späteren Zeitpunkt bezahlt werden kann. Der Vermieter kann auch gänzlich auf die Miete verzichten. Hier ist zu beachten, dass auch der Vermieter in der Regel kein Interesse am Konkurs des Mieters haben wird. Forderungen aus Mietverträgen sind nämlich Konkursforderungen 4. Klasse und kommen erst dann zum Zuge, wenn alle Forderungen der 1. – 3. Klasse vollständig befriedigt wurden.
5. Ausschüttungen und Dividenden
Die Beachtung des kurz- und mittelfristigen Finanzierungsbedarfs sollte auch allfällig geplante Dividendenzahlungen oder Ausschüttungen berücksichtigen. Es ist anzuraten, diese im Hinblick auf eine mögliche unsichere Finanzierungssituation des Unternehmens oder der Stiftung vorerst aufzuschieben.
Hier ist insbesondere Vorsicht geboten, sollten durch die Dividendenzahlungen oder Ausschüttungen die Befriedigung von Gläubigern der Verbandsperson gefährdet werden.
6. Durchführung von Generalversammlungen
Abseits der wirtschaftlichen Folgen stellt das Coronavirus liechtensteinische Verbandspersonen auch vor ganz andere organisatorische Herausforderungen. Grundsätzlich muss nämlich innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Ende des Geschäftsjahrs eine Generalversammlung einberufen werden. Da das Ende des Geschäftsjahrs üblicherweise auf den 31.12. fällt, treffen die 'Saison für Generalversammlungen' und die COVID-bedingten Beschränkungen für Menschenansammlungen und auch Reisen zusammen.
Per Verordnung hat die Regierung darauf reagiert und bestimmt, dass der Veranstalter von Generalversammlungen ungeachtet der voraussichtlichen Anzahl an Teilnehmern und ohne Einhaltung der Einladungsfrist besondere Abstimmungsmodalitäten anordnen kann. So kann angeordnet werden, dass die Teilnehmer ihre Rechte ausschliesslich auf schriftlichem Weg oder in elektronischer Form oder durch einen vom Veranstalter unabhängigen Stimmrechtsvertreter ausüben können. Diese Anordnung muss mindestens vier Tage vor der geplanten Versammlung den Teilnehmern bekannt gegeben werden.
7. Auswirkungen auf Gerichtsverfahren?
Auch die liechtensteinischen Gerichte und Behörden reagieren auf die aktuelle Situation. So wurde beispielsweise der Parteienverkehr bei Gericht auf die elementaren, durch die Verfahrensrechte gewährleisteten Verfahrens- und Parteienrechte beschränkt. Akteneinsichten und Anbringungen zu Protokoll sollen, sofern allenfalls beispielsweise zu einer Fristenwahrung notwendig, weiterhin vorgenommen werden können. Jedoch gelten auch hier striktere Vorschriften und Auskünfte werden vorzugsweise telefonisch gegeben.
Gerichtsverhandlungen in Zivil- und Strafsachen werden derzeit grundsätzlich abberaumt, sofern die Verfahren nicht unaufschiebbar und für eine geordnete Rechtspflege unerlässlich sind. Verhandlungen finden nur mehr unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Es ist daher und in Hinblick auf eine sich ständig den aktuellen Bedürfnissen anpassende Situation dringend zu empfehlen, genügend Zeit für gerichtliche Handlungen, wie Eingaben oder Akteneinsichten einzuplanen und frühzeitig abzuklären, ob diese aktuell vorgenommen werden können sowie ob allfällige bereits anberaumte Verhandlungen stattfinden und allenfalls fristwahrende Massnahmen in einem Verfahren notwendig sind.
8. Auswirkungen auf Vertragsverhältnisse?
Viele Unternehmensverträge enthalten sogenannte Force Majeure ("Höhere Gewalt")-Klauseln. Diese Klauseln sehen üblicherweise vor, dass die Parteien beim Eintritt eines Ereignisses höherer Gewalt Verständigungspflichten treffen. Gleichzeitig schliessen diese meist Rücktrittsrechte, einen Entfall von Leistungspflichten sowie Haftungsausschlüsse ein. Ob die aktuelle Situation als Force Majeure Ereignis qualifiziert werden kann, hängt von der jeweiligen Ausgestaltung der Force Majeure Klausel in den einzelnen Verträgen ab und ist im Bedarfsfall zu prüfen.
Interessant und womöglich auch für Liechtenstein relevant ist, dass sich der Österreichische Oberste Gerichtshof bereits im Zusammenhang mit dem SARS-Virus mit eben jener Frage auseinandergesetzt und diese bejaht hat. In Anlehnung an diese Rechtsprechung wird wohl auch die aktuelle COVID-19-Pandemie als solch ein "Force Majeur"-Ereignis zu qualifizieren sein, das verschiedenste Vertragsanpassungen zulässt, wobei jedes Vertragsverhältnis individuell zu prüfen ist.
Autoren:
Michael.Nueber@gasserpartner.com
Philipp.Konzett@gasserpartner.com